VonCharlie Lecach
In der sehr exklusiven Welt des American Motorcycling wurden neue Modelle der Hersteller seit jeher häufig von neuen Trends aus der Bikerszene beeinflusst. Auf Bobber, Chopper und Bagger folgt seit einigen Jahren der Trend des Club Style.
In den Nachkriegsjahren waren es vor allem die Mitglieder der One-Percenter-MCs, die neue Trends aufbrachten und dann schnell Nachahmer fanden.
Jeder kennt die Bilder vom 4. Juli 1947 aus Hollister: Gestrippte Motorräder, auf das Nötigste reduziert – die Geburtsstunde der Bobber. Dann kamen die Chopper mit ihren langen Gabeln, Bagger mit gestreckten Rahmen, Cafe Racer, Tracker und die dicken Bagger. Meist reagierten die Hersteller schnell auf die aufkeimende Nachfrage und brachten ihre eigenen Interpretationen auf den Markt.
Freilich meist in abgewandelter Form, schließlich ist es eher schwierig, beispielsweise Bikes mit 32-Zoll-Vorderrädern oder Gabeln, die einfach mal einen Meter länger als original waren, überall auf der Welt straßenlegal zu produzieren. Der Club Style-Trend erwies sich in dieser Hinsicht jedoch als wesentlich unkomplizierter. Kaum aufgetaucht, wurde er durch die Fernsehserie "Sons of Anarchy“ weltweit bekannt und populär. Heute ist die Zielgruppe breiter gefächert und manchmal auch jünger, häufig aus der Surfer- und Skaterwelt, aber alle eint, dass sie auf ein sportlicheres Fahrverhalten stehen. Jedes Detail von Club Style hat seine Bedeutung und seinen Zweck.
Der schmale Lenker und die schlanke Bauform ermöglichen es, im Stadtverkehr zwischen den Autos zu überholen, was für jeden, der schon einmal einen Stau auf der Autobahn von Los Angeles in der Rush Hour erlebt hat, absolut sinnvoll ist. Die längeren Stoßdämpfer ermöglichen mehr Schräglage und schonen all jene Wirbelsäulen, die in vergangenen Jahrzehnten schon einiges einstecken mussten.
Aus ähnlichen Gründen fand die Frontverkleidung ihren festen Platz im Club Style: Mehr Komfort beim schnellen Fahren. Sie reichen von einfachen Bubble-Frontverkleidungen über Vollverkleidungen im Polizeistil der 1980er Jahre bis hin zu Quarter-Fairings im Aftermarket-Stil.
Der Lenker ragt häufig über die Oberkante der jeweiligen Verkleidung hinaus – meist mit Hilfe von Risern. Alternativ können T-Bars in verschiedenen Formen und Größen auch direkt an der Gabelbrücke montiert werden. Bei den Veränderungen steht Performance im Vordergrund, daher haben diese Bikes selten Motoren im Serienzustand. Auch Zwei-in-eins-Auspuffanlagen sind quasi obligatorisch, sowohl um ein paar PS zu gewinnen als auch um Gewicht zu sparen. Im Allgemeinen ist die Grundausstattung ein großer V-Twin, der bereits ab Werk eine Testosteronbombe ist.
Indian Motorcycle hat die ersten Schritte in Richtung Club Style-Look mit der 1133ccm Scout Rogue getan; deutlich selbstbewusster trat dann kürzlich die 1890ccm Sport Chief auf den Plan. Dieses Mal hat der Hersteller keinen Hehl aus seiner Hauptinspirationsquelle gemacht, die Chief bietet einfach die perfekte Basis dafür. Einige Customizer hatten zuvor bereits brandneue Chiefs in diesem Stil umgebaut, nicht zuletzt Freestyle-Moto-Cross-Star Carey Hart.
Inzwischen hat Yaniv Evan von Powerplant Motorcycles in Los Angeles seine überarbeitete und optimierte Sport Chief an den Hollywood-Schauspieler Norman Reedus (The Walking Dead) übergeben. Evan hat mehreren Club-Style-Standards Tribut gezollt, darunter auch der Lackierung. Während für einige Club Style-Fahrer Schwarz das A und O ist (zusammen mit Integralhelmen), bevorzugen viele andere auffällige und aufwändige Lackierungen mit Metalflake und Candylack, Flamejobs, Airbrush etc., die von der Verkleidung bis zum hinteren Kotflügel reichen. In der Welt des Club Style gehen Leistung und Ästhetik Hand in Hand.
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