LASS UNS VON DER STRASSE FÜHREN.
FOTOS VON MONTI SMITH
EINE REISE.
Wenn 700 Meilen zurückgelegt werden müssen und bei Beiden eine Indian in der Garage steht, fliegt man nicht mit dem Linien-flugzeug. Man fliegt mit diesen zweirädrigen Highway-Cruisern und genießt den Fahrtwind im Gesicht.


Nach drei großartigen Tagen auf dem Salz von Bonneville hat-ten wir unser letztes Essen in Wendover und gingen vom Salt Flats Café zu unseren Bikes. Monti saß auf seiner wunderschönen roten Chieftain Dark Horse, und ich fuhr meine Sport Chief. Unsere Freunde Jack und Stacia hatten noch ein paar Tage in der Stadt vor sich, also umarmten wir uns zum Abschied, wohl wis-send, dass wir uns bald wiedersehen würden. Monti und ich zogen unsere Spanngurte fest und lenkten unsere Maschinen nach Osten in Richtung Salt Lake City. Monti wuchs in Utah auf und freute sich den Reiseleiter zu machen. Aus Salt Lake City auf der direktesten Route rauszufahren, ist nicht die beste Wahl. Man sollte sich Zeit nehmen, die Umgebung genießen und sich, wenn möglich, auch mal verfahren.
Wir waren nur zwanzig Minuten auf dem Highway, bevor wir bei Spanish Fork nach Osten abbogen und dann auf dem Highway 89 nach Süden fuhren. Sanfte grüne Hügel, Berge aus orange und rotem Fels, Seen, Flüsse und Teiche wechselten sich ab – kurven-reiche Straßen luden zu flotten Fahrten ein, doch die Landschaft verlangte Aufmerksamkeit und Zeit.
Ich bin kein religiöser Mensch, aber das hier kann man nur als Gottes Land bezeichnen. Es wirkt wie eine andere Welt, fast wie ein fremder Planet im Vergleich zum städtischen Dschungel von Los Angeles, zu dem wir zurückkehrten.
Obwohl meine neue Sport Chief schon über 4.000 Meilen auf dem Tacho hatte, war es meine erste län-gere Tour damit. Ich machte mir keine Sorgen und das Bike bewies, dass ich keinen Grund dazu hatte. „Sport“ wird oft als Gegenteil von „Touring“ gesehen, aber
hier konnte sich das Motorrad in beidem hervorragend beweisen: Lange, gerade Autobahnetappen verschlang es wie einen Snack, und kurvige Canyonstraßen boten dem Bike die Gelegenheit, richtig zu glänzen – selbst mit meinem Gepäck hinten drauf. Monti grinste, sang laut unterm Helm und cruiste entspannt auf seiner Chieftain Dark Horse mit, doch es war keine Überraschung, dass er mir in den Canyons nur knapp hinterherfuhr.

Als wir Bryce Canyon erreichten, begann es zu regnen, doch wir hielten nicht an und fuhren einfach weiter. Wenn ich das jetzt schreibe, ist die Tour schon ein paar Wochen her, und ich erinnere mich kaum noch an die Kälte und Nässe. Die Ausblicke hingegen sehe ich noch vor mei-nem geistigen Auge wie ein Foto.
Im Nationalpark besuchten wir jeden Aussichtspunkt und saßen einfach nur still da. Doch Regen und aufzieh-ende Gewitterwolken ließen uns weiterfahren. Ich hätte stundenlang auf der Felskante sitzen und die roten Felsen betrachten können, doch zum Glück war die Rückfahrt ein langsamer Übergang zurück in die Zivilisation, vorbei an beeindruckenden Bergen und spektakulären roten Felsformationen, bis wir in Cedar City ankamen.
Wir hielten an einer Tankstelle an, setzten uns an die Ecke und beobachteten eine halbe Stunde lang den Sonnenuntergang über den Bergen. Noch lagen 170 Meilen bis Las Vegas vor uns, und die Temperaturen sanken schnell. Die restliche Fahrt bedeutete also: Tempo machen und Kilometer fressen. Wir saßen schweigend da, irgendwie melancholisch, wissend ohne Worte ... denn morgen war der Tag der Heimkehr.


Am nächsten Morgen waren wir zwanzig Minuten nach dem Aufwachen schon wieder unterwegs. Plötzlich: „Hey Morgan, Jack und Stacia sind in Forest Ranch auf der 395, wollen wir hin?“ „Oh Mann, nicht gerade um die Ecke, aber das Wetter wird nur dort besser, wenn wir da hinfahren – und vielleicht können wir unterwegs eine Nacht campen?“ Wir redeten weiter über unsere Head-sets und suchten nach einem Grund, nicht nach Hause zu fahren.
Es gibt immer einen weiteren Halt, einen weiteren Ort zum Übernachten – aber es gibt auch immer die nächste Reise. Mach eine Reise, wenn du die Gelegenheit dazu hast. Nimm so viele Freunde mit wie möglich. Mach sie länger und entdecke neue Orte.
Genau dafür sind unsere Motorräder da.

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